1. März 2022
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Konflikte internationalen Ausmaßes haben Konjunktur: Syrien, Afghanistan oder ganz aktuell der Krieg in der Ukraine. Konflikte lösen Ängste und Fragen aus, die auch die Lernenden mit in den Unterricht bringen. Eine wichtige Herausforderung besteht dann darin, eine gedankliche Ordnung in die Konfliktbetrachtung zu bringen. Hierzu eignet sich insbesondere die Methode der Konfliktanalyse.

„Konflikte“ und „Krieg“ im Ethik- und Philosophieunterricht

Ethik- und Philosophieunterricht eignen sich besonders zur Reflexion grundsätzlicher Fragen und Probleme im Hinblick auf Konflikt und Krieg: Was ist Krieg? Wann ist ein Krieg gerechtfertigt? Gibt es überhaupt gerechte Kriege?

Dabei stößt der Unterricht aber auf die Herausforderung, dass die Lernenden sehr heterogenes Wissen über einzelne Konflikte und Kriege mit in den Unterricht bringen. Ganz besonders dann, wenn im internationalen Geschehen ein Konflikt in eine heiße Phase tritt, wie aktuell in der Ukraine. Die Lernenden werden dann durch eine wahre Flut an Informationen und Bildern herausgefordert, die eine systematische und möglichst objektive Einordung der Geschehnisse erschweren und nicht selten erst einmal starke Emotionen hervorrufen. Die Reflexion theoriegeleiteter philosophischer Fragen und Probleme tritt dann schnell in den Hintergrund. Daher ist es sinnvoll, erst einmal eine analytische Ordnung in die Konfliktbetrachtung zu bringen, um eine Arbeitsgrundlage zu schaffen, von der aus weitergedacht und -gearbeitet werden kann.

Notwendige Komplexitätsreduktion mithilfe der Konfliktanalyse

Konflikte werfen Fragen auf und stoßen politische und moralische Gedankenprozesse an, sie führen im nationalen und internationalen Maßstab nicht selten zu strukturellen Veränderungen innerhalb von Gesellschaften oder politischen Ordnungen. Vielfach lassen sie den Betrachter aber auch hilflos zurück. Ein Gefühl der Ohnmacht gegenüber dem Geschehen stellt sich ein, so manches an ihnen lässt sich nicht verstehen. Mittels der Methode der Konfliktanalyse wird auf die Herausforderung der Komplexität eines internationalen Konflikts reagiert. Sie hilft dabei, die entscheidenden Fragen an den Konflikt zu stellen. Zur Vorbereitung der Konfliktanalyse kann eine Vorauswahl möglicher Quellen zur Analyse des Konflikts durch die Lehrkraft sinnvoll sein, um zu verhindern, dass die Recherche durch die Lernenden ins Uferlose läuft oder auf unseriöse Quellen zurückgegriffen wird. Für in Recherchemethoden geübte Kurse muss aber nicht zwingend eine Quellenvorauswahl getroffen werden.

Schritte der Konfliktanalyse

Zu den wichtigsten Analyseschritten gehören insbesondere:

I Fragen nach Konfliktparteien und Ursachen:

  1. Wer sind die Konfliktparteien?
  2. Warum streiten die Konfliktparteien?
  3. Welche Interessen liegen miteinander im Konflikt?
  4. Wie ist der Konflikt entstanden?

II Fragen nach den Mitteln im und den Folgen des Konflikts:

  1. Über welche Mittel verfügt die jeweilige Konfliktpartei, um die eigenen Absichten durchzusetzen (z. B. diplomatische und militärische Mittel)?
  2. Welche Folgen können sich aus dem Einsatz der einzelnen Mittel ergeben und wie könnten diese die Lösung des Konflikts beeinträchtigen?
  3. Wie reagieren andere Staaten und die Staatengemeinschaft auf den Konflikt?
  4. Wie verändert der Konflikt die internationale Gemeinschaft?/Wie hat der Konflikt die internationale Gemeinschaft verändert?

III Fragen nach der Konfliktlösung:

  1. Welche Kompromisse sind theoretisch möglich? / Welche Kompromisse wurden erzielt?
  2. Wie sind die Kompromisse zu beurteilen?

Hinweis: In aktuellen Konflikten wie dem Ukrainekonflikt können natürlich noch nicht alle Punkte aus dieser Liste bearbeitet werden. Es bietet sich an, die Liste gemeinsam im Kurs im Hinblick auf den Konflikt zu diskutieren und entsprechend zu filtern.

Konflikte und Lebensweltbezug

In einem letzten Schritt kann nach der Bedeutung des Konflikts für das eigene Leben gefragt werden: Wie beeinflusst und verändert er das eigene Leben? Wie kann man mit dem Konflikt persönlich umgehen?

Fragen nach dem Lebensweltbezug sind wichtig, auch um die wahrscheinlich bei einigen Lernenden vorherrschende Meinungen, „man könne eh nichts tun“ / „das geht mich eh nichts an“, zu hinterfragen und praktische Alternativen aufzuzeigen. Eine gute Möglichkeit besteht insbesondere darin, dass die Lernenden in Form von Wandplakaten eine kritische Öffentlichkeit für den Konflikt schaffen (Leben leben 9, Bayern Gymnasium, S. 52-55).

Wie informiert ihr euch über den Konflikt in der Ukraine? Wie nehmt ihr ihn wahr? Wie geht ihr damit im Unterricht um? Welche Erfahrungen habt ihr dazu mit euren Lernenden gemacht?

Zum Weiterlesen

  • Wichtige Informationsseiten, Faktenchecks und Tipps für den Unterricht zum Ukraine-Krieg haben wir in diesem Blogbeitrag für euch zusammengestellt.
  • Eine Anregung, wie ihr mit euren Lernenden eine Pro- und Kontradebatte im Kontext von Krieg und Konflikten durchführen könnt, findet ihr in diesem Blogbeitrag.
  • Einen Unterrichtsbaustein zum Thema „Gerechter Krieg“ gibt es in diesem Blogbeitrag.
  • Einen Vorschlag für eine Friedensaktion, die im Unterricht durchgeführt werden kann, findet ihr in diesem Blogbeitrag.
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