1. März 2023
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Was gibt es bei kaltem Schmuddelwetter Schöneres, als sich unter eine warme Dusche zu stellen? Genau deshalb gibt es auch im Unterricht die Möglichkeit, eure Lerngruppe mit der Methode „Warme Dusche“ aufzumuntern und damit bei den Lernenden die positive Selbstwahrnehmung zu fördern und das Selbstbewusstsein zu stärken.

„Warme Dusche“

Unter der Bezeichnung „Warme Dusche“ versammeln sich eine ganze Reihe von Übungen, die eines gemeinsam haben: Alle dienen dazu, den Lernenden eine positive Rückmeldung zu ihren Eigenschaften oder ihrem Verhalten zu geben. Mit dieser Art Feedback wird ihr Selbstwertgefühl gestärkt und das Gemeinschaftsgefühl der Gruppe wird insgesamt gefördert. Und ihr bekommt unter Umständen noch einmal einen neuen Blick auf die Jugendlichen in eurer Lerngruppe, denn oft erfährt man bei diesen Übungen neue oder in Vergessenheit geratene Dinge über die Lernenden, die man gar nicht (mehr) präsent hatte.

Wichtig ist bei den Übungen die Art des Feedbacks: Es soll sich nicht in allgemeinen Phrasen erschöpfen („Ich finde dich toll“, „Du bist nett“). Die Teilnehmenden können stattdessen zum einen konkrete Situationen beschreiben, in denen die Handlung der gelobten Person positiv wahrgenommen wurde („Ich finde gut, dass du Paul geholfen hast, als er die Matheaufgabe nicht verstanden hat“). Oder sie benennen konkrete Eigenschaften, die ihnen aufgefallen sind („Ich finde es beeindruckend, wie gut du vom Blatt singen kannst“). Das erfordert zu Anfang etwas Übung, aber nach einigen Wortduschen schleift sich das in der Regel gut ein.

Drei Arten Warmer Duschen möchte ich hier kurz vorstellen. Sie eignen sich vorwiegend dem Alter nach aufsteigend: Variante 1 in der Erprobungsstufe Klasse 5 und 6, Variante 2 in der Mittelstufe Klasse 7 bis 9 und Variante 3 in Klasse 10 und der Oberstufe.

Variante 1: Einzeldusche

Für diese Version wird ein Stuhlkreis gebildet und der/die Jugendliche, der/die das Feedback bekommen soll, setzt sich auf einen Stuhl in die Mitte des Kreises. Nacheinander darf nun jede/r Teilnehmende aus dem Außenkreis der Person in der Mitte eine positive Botschaft mitteilen. Das muss nicht der Reihe nach geschehen, sondern jede/r, der/die etwas zu sagen hat, kann sich äußern. In den ersten Runden könnt ihr diese Feedbacks mit einer eigenen Botschaft einleiten, um zu zeigen, wie eine solche Bemerkung aussehen kann. Ihr könnt auch zunächst Satzanfänge vorgeben, die die Lobenden nutzen können, um die Runde in Gang zu bringen. Das könnten beispielsweise sein: „Ich finde gut, dass du…“, „Ich bin beeindruckt davon, dass du…“, „Du kannst stolz darauf sein, dass…“ Diese Form des Feedbacks eignet sich besonders dazu, als feststehendes Ritual zum Beispiel im Wochenabschlusskreis eingesetzt zu werden. Wichtig ist, dass jede/r Jugendliche einmal berücksichtigt wird.

Variante 2: Rückendusche

In dieser Form gibt es das Feedback schriftlich und die Übung ist gleichzeitig eine bewegte Pause im Unterrichtsgeschehen. Jede/r Teilnehmende bekommt einen Zettel, am besten aus etwas stärkerem Karton, mithilfe von Kreppband auf den Rücken geklebt. Die Jugendlichen gehen nun für ca. 15 Minuten durch den Raum und schreiben auf die Zettel der anderen Teilnehmenden ihre positive Rückmeldung. Da das Schreiben von ganzen Sätzen auf diese Weise schwierig ist, kann ein Satzanfang oben auf dem Zettel notiert sein, z.B. „Mir ist an dir aufgefallen, dass…“ oder „Ich finde gut, dass du…“. Um sicherzugehen, dass auch alle Jugendlichen ziemlich gleichmäßig berücksichtigt werden, könnt ihr vorher festlegen, dass jede/r Teilnehmende allen anderen eine Rückmeldung geben muss. Die Jugendlichen können für ihr Feedback auch einen Stapel mit Post-its in Anzahl der Gruppengröße bekommen. Statt auf den Zettel notieren sie ihren Kommentar auf die Klebezettel und heften sie den Personen dann auf den Rücken. Bei dieser Übung sollen die Jugendlichen nicht sprechen, ggf. könnt ihr leise Musik einspielen. Am Ende der Zeit gehen die Teilnehmenden zurück auf ihre Plätze und lesen ihre Kommentare.

Variante 3: Briefdusche

Diese Version bedeutet für euch etwas mehr Aufwand. Der lohnt sich aber, da die Ergebnisse in der Regel sehr differenziert und besonders wertschätzend ausfallen. Jede/r Teilnehmende bekommt hierbei eine Tabelle mit den Namen aller anderen Jugendlichen in der Lerngruppe und viel Platz in der Spalte daneben zum Schreiben. Alle Teilnehmenden sind nun aufgefordert, zu allen Namen (außer dem eigenen) einen positiven Kommentar in der Tabelle zu formulieren. Das kann je nach Gruppengröße 20 bis 30 Minuten dauern. Das Schreiben sollte auch hier in absoluter Ruhe geschehen, damit sich die Teilnehmenden nicht gegenseitig beeinflussen. Sind alle Zettel ausgefüllt, sammelt ihr sie ein und stellt die einzelnen Aussagen zu den Personen in einem Brief oder einer Mail zusammen, die ihr den entsprechenden Jugendlichen gebt oder zuschickt.

Digitale Variante: Ferndusche

Auch wenn bei diesen Übungen die Umsetzung vor Ort zu bevorzugen ist, könnt ihr zur Abwechslung die folgende digitale Abwandlung ausprobieren: Jedem/r Jugendlichen in der Lerngruppe wird nicht öffentlich ein/e Teilnehmende zugelost. Dieser/m schreiben die Jugendlichen ein ausführliches positives Feedback und senden es dir per Mail zu. Anonymisiert schickt ihr diese Nachrichten dann an den/die Gelobte/n weiter.

Ich hoffe, ich habe euch mit diesen Übungen Lust darauf gemacht, nicht nur nach dem Sportunterricht die Duschen anzuwerfen!

Zum Weiterlesen

Um die Themen Selbstwert und Selbstwahrnehmung geht es auch in dieser Podcastfolge von „Jan und Nora stellen große Fragen“

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