Die Adventszeit ist ideal, um mit euren Lernenden über Rituale nachzudenken. 2021 fällt der Erste Advent sogar mit Beginn des jüdischen Lichterfests (Chanukka) zusammen.
In manchen Städten, wie zum Beispiel Hannover, findet am Vorabend des ersten Chanukka-Festtages ein öffentliches Entzünden des ersten Chanukka-Lichtes statt. Das achttägige Fest erinnert an das achttägige Tempelweihfest im Jahre 165 v. u. Z. (vor unserer Zeitrechnung). In dem entweihten Tempel soll das geweihte Öl eines einzigen Ölkrugs auf wundersame Weise für acht Tage gereicht haben. Chanukka erinnert in den acht Tagen ab dem 29. November 2021 an dieses Wunder. Sowohl in der Synagoge als auch zu Hause werden am Vorabend des jeweiligen Festtages nacheinander die acht Lichter des Chanukka-Leuchters angezündet, vielerorts auch im öffentlichen Raum.
Es wird heller: Advent und Chanukka
Christen zünden am ersten Advent die erste Kerze des Adventskranzes an. Mit dem ersten Advent beginnt die mindestens dreiwöchige Vorbereitungszeit auf das Fest der Geburt Jesu Christi. Im Wort Advent klingt das lateinische adventus mit: das Nahen bzw. Ankommen Gottes in der menschlichen Welt. So eine Ankunft braucht Vorbereitung.
Das Chanukka-Fest ist wie die Adventszeit mit kleinen täglichen Geschenken für die Kinder verbunden. Insgesamt hat sich der religiöse Charakter dieses Festes allerdings eher erhalten als bei der Adventszeit.
Eure Lernenden werden mit der Adventszeit Weihnachtsfeiern, Weihnachtsmärkte und Weihnachtskonzerte verbinden. Auch in Schulen werden in der Adventszeit oft keine Adventskränze aufgehängt, sondern Weihnachtsbäume aufgestellt. Immerhin gibt es noch Adventskalender! Weil sie sich verkaufen lassen? Das sprachliche Vorwegnehmen von Weihnachten bedeutet jedenfalls: Die Zeit der inneren Vorbereitung hat ihren eigentlichen Sinn eingebüßt. Dabei weist die liturgische Farbe Violett sogar auf den Advent als Bußzeit hin. Viele geraten in all dem (Einkaufs-)Trubel in „Geschenke-Stress“ und verpassen die Besinnung. Gut finden sie das oft selbst nicht.
Wozu sind Rituale gut, wenn sich doch ihr Sinn ändern kann?
Es ist das Schicksal von Ritualen, dass sich ihr Sinn verschieben und verändern kann. Sie teilen dieses Schicksal mit den Symbolen. Verkehrsschilder, die meisten Emojis und die Symbole für die chemischen Elemente sind eindeutig. Meist aber hängt alles davon ab, wie eine (Sprach-)Gemeinschaft das Symbol/Zeichen oder das Ritual deutet. Nichts bedeutet per se etwas Bestimmtes, aber alles kann zum Zeichen werden.
Ein Kopftuch kann vor Kälte schützen, es kann zuweilen auch ein Zeichen für die Unterdrückung der Frau sein. Für viele Musliminnen ist es ganz einfach ein öffentlich sichtbares Zeichen für ihre Zugehörigkeit zum Islam.
Das Anzünden der Lichter am Adventskranz kann für Christinnen und Christen eine Zeichenhandlung sein, so wie es das Lichteranzünden am Chanukka-Leuchter für praktizierende Jüdinnen und Juden ist. Das schrittweise Entzünden der Chanukka-Lichter verweist auf die Tempelweihe 165 v. Chr. Das schrittweise Entzünden der Adventskranz-Kerzen verweist auf das Ankommen Gottes am Beginn der christlichen Zeitrechnung. Heute markiert das Anzünden der Kerzen am Adventskranz eher den Countdown für das Familienfest: Sind alle Geschenke besorgt? Ist der Gänsebraten organisiert? Haben wir einen Weihnachtsbaum? Müssen wir Tante Brigitte einladen?
Advent in der Schule
Die Adventszeit in der Schule ist eine gute Gelegenheit, um mit euren Lernenden über Rituale nachzudenken und darüber, was sie bedeuten: Sie können eine Erinnerungsfunktion für das eigene religiöse Leben haben. Diese Funktion der Rituale kann aber auch verloren gehen. Ihr könnt selbst in euren Lerngruppen einen Adventskranz mit (batteriebetriebenen) Leuchtmitteln mitbringen und jede Woche ein weiteres Licht entzünden. Die „Gute Frage“ im Podcast fasst die Bedeutung von Ritualen für die Lernenden noch einmal kompakt zusammen – ihr findet die Podcastfolge zum kostenlosen Download am Ende dieses Artikels.
In der letzten Religionsstunde vor den Weihnachtsferien sollte thematisiert werden, warum sich die Bedeutung des Advents eigentlich in unserer Gesellschaft so stark zu Konsum und zum Weihnachtsfest hin verschoben hat.
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Viel Wissenswertes und Interessantes zum Chanukkafest findet ihr auch in diesem Blogartikel.
