31. Mai 2023
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Die Fähigkeit, zuhören zu können, ist bei Lernenden nicht mehr selbstverständlich zu erwarten. Wie kann das Hören und Zuhören im Religionsunterricht gefördert werden?

Lernende müssen im Religionsunterricht laufend Gehörtes verstehen. Sie hören Arbeitsanweisungen, Erklärungen, Podcasts oder Hörsehtexte wie Videoclips oder Filme und folgen Unterrichtsgesprächen. Das Zuhören ist zentral für den Aufbau der eigenen Sprachkompetenz und den Erwerb von Wissen. Der Lernerfolg hängt also wesentlich von der Zuhörfähigkeit ab.

Das Hören als komplexer Prozess

Was dabei vielfach als selbstverständliche Fertigkeit angenommen wird, beruht jedoch auf komplexen mentalen Prozessen: Zunächst müssen der geäußerte Sprachschall aufgenommen, Laute erkannt und Wortgrenzen identifiziert werden. Dann gilt es, das Verstehen der gehörten Sprachsignale zu bewältigen: Eigene Erwartungen an das Gehörte werden einbezogen, abgeglichen und ggf. verändert. Das eigene sprachliche Wissen muss herangezogen werden (z. B. das Wissen darum, dass die Stellung eines Wortes im Satz oder die Endungen eines Wortes wichtige Informationen darüber geben, ob es sich um Subjekt oder Objekt und Singular oder Plural handelt) und das eigene Weltwissen muss mit dem Gehörten zusammengebracht werden.

Besonders schwierig ist das Hören, weil die eigene Aufmerksamkeit durchgehend aufrechterhalten werden muss. Es besteht – anders als beim Lesen – keine Möglichkeit, das Gehörte noch einmal zu wiederholen oder die Geschwindigkeit, in der Informationen wiedergegeben werden, selbst zu steuern.

Die Förderung der Fertigkeit des (Zu-)Hörens sollte demnach bei der Gestaltung des Religionsunterrichts besondere Berücksichtigung finden.

Das Hören im sprachbildenden Religionsunterricht unterstützen

Bei der Planung des Religionsunterrichts können beispielsweise folgende Dinge berücksichtigt werden, um das Hören zu fördern:

  1. Zur Vorbereitung längerer Zuhörphasen oder des Einsatzes von Hörtexten ist das Aktivieren von Vorwissen zu einem Thema hilfreich:
  • Der Titel eines Hör(seh)textes kann vorab besprochen oder Assoziationen zum Thema können im Vorfeld z. B. in einer Mindmap gesammelt werden.
  • Eine Wortschatzarbeit kann die Herausforderungen der Aktivität „Hören“ vermindern. Dazu können eine Schlüsselworttabelle[1] erstellt, Wortigel oder Wortlisten zur Verfügung gestellt werden.
  • Auch Bilder können zur Einstimmung in die Situation genutzt werden.
  1. Um die Komplexität der Zuhöranforderung zu verringern, kann es bei geplanten Höraufgaben hilfreich sein, Teilaufgaben für das Hören vorzugeben. Mögliche Höraufträge können auch das Schildern von Emotionen zum Gehörten, die Überprüfung der vorab formulierten Hörerwartung, das Beantworten von Single-, Mulitple-Choice- oder Richtig-Falsch-Fragen sowie das Ordnen von Informationen in der richtigen Reihenfolge sein.

Das Doppelgebot der Liebe – ein Beispiel für das Hören von Bibeltexten

Bibeltexte gehören zu den am häufigsten vorgelesenen Texten im Religionsunterricht. Die besondere Sprache dieser Texte fordert dabei aber auch in ganz besonderem Maße heraus. Um über das Doppelgebot der Liebe zu sprechen, wird zumeist Mk 12,28–34 gelesen. Die Kopiervorlage aus dem Band „Sprachbildung im Religionsunterricht 5/6“, die ihr unten zum Download findet, unterstützt das Hören dieses Bibeltextes auf zwei verschiedene Weisen:

  1. Die Lernenden erhalten in einem einführenden Text erste Informationen zur Situation des Bibeltextes und können an ihr Vorwissen anknüpfen: Die Rolle Jesu als Wanderprediger wird beleuchtet und es werden Informationen zum Setting des Gesprächs, das im Zentrum der Bibelstelle steht, und dem Schriftgelehrten als Gesprächspartner gegeben.
  2. Die Lernenden werden dazu aufgefordert, den Text mehrfach zu hören und im Rahmen von Höraufträgen zunächst ein globales Verständnis zu erlangen, um anschließend detailliertere Informationen zu entnehmen. Abschließend soll das Doppelgebot der Liebe durch das Ausfüllen des Lückentextes schriftlich festgehalten werden.

Bei welchen Themen fällt das (Zu-)Hören euren Lernenden besonders schwer? Welche weiteren Tipps zur Unterstützung des Hörens und zur Förderung der Zuhörfähigkeit habt ihr?

[1] Die Idee der Schlüsselworttabelle findet ihr in: Tajmel, Tanja/Hägi-Mead, Sara: Sprachbewusste Unterrichtsplanung. Münster 2017.

Kostenlos zum Download

Produktempfehlung

Im Kopiervorlagenband „Sprachbildung im Religionsunterricht 5/6“ werden die verschiedenen sprachlichen Fertigkeiten (Hören, Lesen, Schreiben, Sprechen) in den Blick genommen. Durch die Unterscheidung in vier Fertigkeiten wird es möglich, gezielt diejenigen Bereiche zu fördern, bei denen ihr für die einzelnen Lernenden noch Entwicklungspotenziale identifizieren könnt. Da alle Kopiervorlagen auch als editierbare Word-Dateien angeboten werden, könnt ihr diese an die sprachlichen Bedürfnisse eurer Lernenden anpassen.

Zum Weiterlesen

Anregungen zum sprachbildenden Religionsunterricht am Beispiel „Gott prüft Abraham“ findet ihr in diesem Blogbeitrag.

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