28. Oktober 2022
36

Am 28. Oktober im Jahr 312 n. Chr. kommt es an der Milvischen Brücke und Saxa Rubra in der Nähe Roms zur Auseinandersetzung zweier römischer Heere, bei der es um die Vorherrschaft im Westen des Römischen Reichs geht. Nach Darstellung christlicher Geschichtsschreiber setzt sich Kaiser Konstantin dank eines göttlichen Zeichens durch. In der Folgezeit läutet er das Ende der Zeit der Christenverfolgungen ein und fördert die christliche Religion.

Die „Konstantinische Wende“– Sternstunde der Kirchengeschichte?

dem Begriff „Konstantinische Wende“ wird häufig der historische Prozess bezeichnet, in dem aus dem ursprünglich unerwünschten und verfolgten Christentum eine geduldete und später sogar die Staatsreligion im Römischen Reich (380 n. Chr.) wird. Dieser Prozess wird wesentlich durch Kaiser Konstantin (gest. 337 n. Chr.) initiiert und bestimmt, der deswegen auch in der christlichen Geschichtsschreibung den Beinahmen „der Große“ erhalten hat. In den christlichen Darstellungen spielt dabei insbesondere die sogenannte „Schlacht an der Milvischen Brücke“ eine besondere Rolle, da Konstantin in dieser mit göttlicher Hilfe seinen heidnischen Konkurrenten Maxentius besiegt habe. Entscheidender für die Wende aber dürften die politisch-religiösen Entscheidungen gewesen sein, die Konstantin in der Folgezeit innerhalb des Reichs durchgesetzt hat. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang die sogenannte „Mailänder Vereinbarung“ (313 n. Chr.), in der Konstantin und Licinius, Kaiser des östlichen Teils des Römischen Reichs, festhalten, dass das Christentum von nun an in allen Teilen des römischen Herrschaftsgebiets eine „erlaubte Religion“ (religio licita) sei – damit ist das Ende aller offiziellen staatlichen Repressionen gegenüber den Christen und Christinnen gekommen.

Nicht unumstritten ist bis heute, inwiefern Konstantins religiöse Überzeugungen und persönliche Hinwendung zu Christentum leitend für die Wende gewesen sind. Sicher ist, mit Konstantin gewinnt die antike Kirche wachsenden Einfluss auf Gesellschaft und Politik. Gerade weil aber die Kirche im Zuge dieser Wende zunehmend an weltlicher Macht gewinnt und sich in irdisch-politische Belange verstrickt, wird ihre Bedeutung auch als eigentlicher „Sündenfall des Christentums“ (Hofrichter) gesehen. Die Auswirkungen der Religionspolitik Konstantins sind jedenfalls auch heute noch spürbar:

  • Hausgemeinden werden durch öffentliche Kirchenbauten ersetzt.
  • Der Sonntag wird als Ruhetag festgelegt.
  • Der Taufe im Neugeborenenalter wird gefördert.

Anknüpfungspunkte für den Unterricht

  • Die Konstantinische Wende kann im Unterricht in der Regel im Anschluss an die Erarbeitung der Christenverfolgungen thematisiert werden. Wie bei diesen auch ist eine historische Aufarbeitung der Ereignisse wichtig. Es bietet sich an, die Ergebnisse in einem Lernprodukt, z. B. einem virtuellen Zeitstrahl (Ideen hier: Neun Möglichkeiten zum Erstellen & Einsetzen von Zeitachsen im Unterricht – kms-b), zusammenzufassen. Eine problemorientierte Ausgangsfrage für die Lernenden kann sein: „Wie kam es eigentlich dazu, dass innerhalb weniger Jahre aus einer verfolgten Religionsgemeinschaft die wichtigste Religion im römischen Reich wurde?“
  • Neben der historischen Aufarbeitung bietet das Thema auch Anknüpfungspunkte für einen korrelativ ausgerichteten Religionsunterricht:
  1. Die Lernenden wachsen in einer gesellschaftlichen Umwelt auf, die einerseits auf Prinzipien des kulturellen Pluralismus und der religiösen Toleranz aufbaut, die andererseits aber immer noch sichtlich durch die (historische) Verbindung von Staat und Kirche, aber z. B. auch von christlicher Kultur geprägt ist. Eine Auseinandersetzung mit der Konstantinischen Wende bietet die Chance, die Auswirkungen und Manifestierung historischer Prozesse in der Gegenwart sichtbar zu machen, in ihrer Bedeutung für die Lernenden anzusprechen und im Hinblick auf ihre gesamtgesellschaftliche Gesamtbedeutung zu reflektieren. In diesen Kontext lassen sich Fragen reflektieren wie:
    – Warum wurde die Mehrzahl der Lernenden in der Gruppe im Säuglings- oder Kleinkindalter getauft? oder
    Warum gilt der Sonntag ganz selbstverständlich als Ruhetag?
  2. Darüber hinaus bietet auch die Biografie Konstantins Anknüpfungsmöglichkeiten für das biografische Lernen (dazu: Das Wissenschaftlich-Religionspädagogische Lexikon im Internet :: bibelwissenschaft.de). Mit Konstantin tritt den Lernenden eine historische Person mit lebendiger religiöser Biografie entgegen, anhand der die Lernenden erfahren, dass die religiöse Suche und Entwicklung bis ins Erwachsenenalter keinesfalls abgeschlossen sein muss und dass eine bewusste Entscheidung für einen Glauben immer auch weltliche bzw. politische Implikationen hat. So ließe sich in der Auseinandersetzung mit dem Leben Konstantins danach fragen, was es bedeutet, die Werte, die sich aus dem eigenen Glauben ergeben, im Alltag zu leben.

Habt ihr schon einmal über Christenverfolgungen und Konstantinische Wende in eurem Unterricht gesprochen? Wie seid ihr das Thema angegangen? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?

Produktempfehlungen

Diese Unterrichtshinweise passen zu den folgenden Ausgaben von Leben gestalten.

Danke!
36 Personen haben sich für diesen Beitrag bedankt.
Klicke aufs Herz und sag Danke.