18. Oktober 2023
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Am 18. April 1506 wurde der Grundstein für den Bau des Petersdoms in Rom gelegt. Er zieht jährlich Millionen von Menschen an. Doch die Entstehungsgeschichte des Prachtbaus ist tief verwoben mit dem Ablasshandel. Warum haben so viele Menschen damals Ablassbriefe gekauft?

Ablasshandel: Historische Einordnung

Das Ablasswesen der Kirche um die Jahrhundertwende vom 15. zum 16. Jahrhundert ist für Martin Luther Anlass zu scharfer Kritik an der Kirche seiner Zeit. Einerseits kommen in der Ablasspraxis die Habgier der Kirchenfürsten und – in verschärfter Form – die theologische Vorstellung der Werkgerechtigkeit zum Ausdruck. Andererseits spricht der Ablass auch die religiösen Empfindungen der damaligen Menschen in besonderer Weise an. Er gibt ihnen die Chance, die eigene oder die Sündenlast geliebter Menschen zu verringern, und damit das Leiden im Fegefeuer zu verkürzen. Der Ablass hat eine hohe Anziehungskraft in der Welt des 16. Jahrhunderts, in der sich die meisten Menschen das Leben nach dem Tod wenig freundlich vorstellten und in beständiger Sorge um das eigene Seelenheil lebten.

Inhaltliche und didaktische Begründung

Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Ablasshandel in der Mittelstufe ist sachlich wichtig, da sich von hier aus direkt an Luthers Kirchenkritik und Gnadentheologie anschließen lässt. So kann es gelingen, dass bereits Luthers Position zum Ablass angebahnt wird und für die Lernenden leichter nachvollziehbar ist, warum Martin Luther so vehement in seinen Thesen Papst und Kirche kritisiert. In nachfolgenden Unterrichtsstunden kann Luthers Position dann anhand einiger ausgewählter Thesen konkretisiert werden (Thesen unter: 95 Thesen – EKD).

In der Auseinandersetzung mit dem Ablasshandel erhalten die Lernenden eine Vorstellung von der Gerechtigkeitsvorstellung, die sich im Ablasshandel ausdrückt, deren Kern das sogenannte do-ut-des-Prinzip bildet. Diese Vorstellung kritisiert Luther scharf und hebt sie in seiner Gnadenlehre auf. In dieser geht es dann auch um mehr als um die konkrete Kritik am Ablass, sondern grundsätzlich um das Gottesbild und die Beschaffenheit der Beziehung Gottes zu den Menschen. Die römische Kirche und das Ablasswesen des 16. Jahrhunderts führen den Menschen einen Gott vor Augen, der bestechlich erscheint: Gottes Gnade und Gunst sind käuflich erwerblich – und zwar durch das monetäre Werk des Ablasskaufs. Dies kann den Lernenden schon in der Auseinandersetzung mit dem Ablass deutlich gemacht werden.

Tipps zur Vorbereitung und Durchführung des Wirtshausgesprächs

  • Zur Hinführung auf das Thema bietet sich die Auseinandersetzung mit den Vorstellungen der Menschen über Leben und Tod im 15./16. Jahrhundert an. Diese können z. B. erarbeitet werden anhand eine Bildanalyse des Bildes „Weltgericht“ von Stephan Lochner
  • Die Erarbeitung der inhaltlichen Grundlagen zum Ablasshandel kann anhand eines oder verschiedener Sachtexte erfolgen (z. B. Leben gestalten N Band 2, S. 154 oder Leben gestalten S Band 2, S. 138), sodass die Lernenden die Funktionsweise des Ablasshandels kennen. Ein mögliches abschließendes Tafelbild findet sich auf der Kopiervorlage 1.
  • Sofern sich die Lernenden schwertun, sich in die Situation und das Denken damaliger Menschen hineinzuversetzen, eignet sich zur Hinführung und zur Motivation zum Wirtshausgespräch über den Ablasshandel die Durchführung einer gemeinsamen Fantasiereise (Kopiervorlage 2). Diese bereitet das emotionale Setting für die anschließende Diskussion vor.
  • Im Anschluss daran werden die Lernenden mit einigen exemplarischen Positionen fiktiver Charaktere in einem Wirtshaus des 16. Jahrhunderts zum Ablasshandel konfrontiert, die von ihnen arbeitsteilig (in sechs Gruppen) aufgearbeitet werden können (Kopiervorlage 3).
  • Anschließend wird ein „Stammtisch“ vorbereitet, an dem sich die Vertreterinnen und Vertreter jeder Gruppe treffen und ihre Position gegenseitig vortragen:

Checkliste Vorbereitung und Durchführung

  • Der Klassenraum wird angemessen gestaltet (z. B. Dekoration des Raumes/der Tische mit Tischdecken, Vorhängen, Gläsern, Theke …).
  • Die Diskussion verläuft atmosphärisch angemessen. Es darf ruhig ein bisschen durcheinandergehen. Die Argumente sollten möglichst emotional/energisch vorgetragen werden.
  • Dabei wird auch die Möglichkeit der Erwiderung und weiteren freien Diskussion eingeräumt.
  • Abschließend sollten im Plenum nochmal alle Argumente für und gegen den Ablasshandel gesammelt und gesichert werden (Kopiervorlage 4).
  • Zur Vertiefung besteht die Möglichkeit, einen inneren Monolog zu verfassen, in dem die Lernenden in Erinnerung an die zuvor herausgearbeiteten Argumente ihre Gedanken an Gott äußern (Kopiervorlage 5).
  • Alternativ oder ergänzend können die Lernenden als Transferaufgabe eine Gegenrede gegen Tetzel (s. Kopiervorlage 2) verfassen und freiwillig vortragen.

Welche Erfahrungen habt ihr mit den Themen „Ablasshandel“ und „Reformation“ in eurem Unterricht bisher gemacht?

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